Jenseits des Horizonts: Wie die Welt sich zusammenschloss, um ein schwarzes Loch zu fotografieren

In den tiefen Weiten des Universums existieren Phänomene, die sowohl unsere Vorstellungskraft als auch die Grenzen der Physik herausfordern. Eines der faszinierendsten und rätselhaftesten dieser Phänomene sind schwarze Löcher. Diese kosmischen Giganten sind Regionen im Raum, in denen die Schwerkraft so stark ist, dass nichts, nicht einmal Licht, entkommen kann. Sie sind der ultimative Ausdruck der Gravitation – Orte, an denen Raum und Zeit in einem Punkt enden und die Gesetze der Physik, wie wir sie kennen, auf den Kopf gestellt werden.

schwarzes loch unserer galaxie foto 2019

Für Astrophysiker sind schwarze Löcher nicht nur faszinierende Studienobjekte, sondern auch Schlüssel zum Verständnis der grundlegenden Prinzipien des Universums. Sie stellen Fragen zur Natur der Realität, zur Grenze zwischen Materie und Nichts und zum Verhalten extrem dichter Objekte. Aber trotz ihrer enormen Bedeutung blieben sie lange Zeit unsichtbar und unerreichbar, verborgen hinter einem Ereignishorizont, jenseits dessen kein Informationssignal unseres Universums entweichen kann.

Dann kam das Event Horizon Telescope (EHT) ins Spiel, ein mutiges und ehrgeiziges Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hatte, das Undenkbare zu tun: ein Bild von einem schwarzen Loch zu erstellen. Dies war keine leichte Aufgabe. Um ein so entferntes und kompaktes Objekt zu fotografieren, musste das EHT das Äquivalent eines Teleskops erstellen, das so groß ist wie die Erde selbst. Ein weltweites Netzwerk von Teleskopen wurde synchronisiert und auf einen Punkt im All ausgerichtet, um dieses beeindruckende Unterfangen zu realisieren.

Der folgende Beitrag wird die Reise in dieses wissenschaftliche Wunderland nachzeichnen und die bemerkenswerte Zusammenarbeit enthüllen, die nötig war, um den Schatten eines schwarzen Lochs zu beleuchten.


Herausforderungen bei der Beobachtung von schwarzen Löchern

Schwarze Löcher sind, wie der Name schon sagt, „schwarz“. Das bedeutet, dass sie kein Licht aussenden, das wir direkt beobachten könnten. Ihre extreme Schwerkraft fängt alles ein, was zu nahe kommt, einschließlich Licht. Dies macht die direkte Beobachtung unglaublich herausfordernd.

Ein weiteres Problem ist ihre Größe. Obwohl sie massiv sind, können sie tatsächlich ziemlich klein sein, besonders aus der Entfernung einer anderen Galaxie. Dies erfordert extrem hohe Auflösungen, um sichtbare Details zu erfassen.

Zudem verzerren sie den Raum um sich herum, was als Gravitationslinseneffekt bekannt ist. Dies kann zu verzerrten und mehrfachen Bildern von Objekten führen, die sich hinter einem schwarzen Loch befinden, und zusätzliche Herausforderungen für Astronomen darstellen.

Geschichte der Schwarzen-Loch-Beobachtungen

Die Idee von Regionen im Raum, aus denen nichts entkommen kann, geht zurück auf das 18. Jahrhundert. Doch die moderne Theorie von schwarzen Löchern begann mit Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie im Jahr 1915.

Galaxie und schwarzes loch beobachtungen

Die ersten ernsthaften Kandidaten für schwarze Löcher wurden in den 1960er Jahren identifiziert. Sie wurden jedoch nicht direkt beobachtet, sondern ihre Existenz wurde durch die Beobachtung der Bewegung von Sternen und Gas in ihrer Nähe abgeleitet.

Das Event Horizon Telescope

Ein direktes Bild eines schwarzen Lochs zu erfassen ist eine Herausforderung der Superlative. Selbst die leistungsstärksten Teleskope, die wir bisher gebaut haben, können die Details eines so entfernten und kleinen Objekts nicht auflösen. Das EHT-Projekt wurde ins Leben gerufen, um genau dieses Problem zu lösen, indem es ein virtuelles Teleskop schafft, das so groß ist wie die Erde selbst, um die benötigte Auflösung zu erreichen.

Funktionsweise des EHT und die sehr lange Basislinieninterferometrie

Das Event Horizon Telescope (EHT) ist kein einzelnes Teleskop, sondern ein Netzwerk von Teleskopen, die rund um den Globus verteilt sind. Gemeinsam bilden sie ein virtuelles Teleskop von erdumspannender Größe. Der Hauptmechanismus, mit dem das EHT arbeitet, ist die „sehr lange Basislinieninterferometrie“ (VLBI).

Bei der VLBI werden simultane Beobachtungen von mehreren Teleskopen gesammelt und dann miteinander kombiniert. Dies geschieht, indem die Daten von den verschiedenen Standorten zu einem zentralen Punkt transportiert werden, wo sie synchronisiert und integriert werden. Die Kombination dieser Daten ermöglicht es, ein Bild mit einer Auflösung zu erstellen, die der eines Teleskops entspricht, dessen Durchmesser so groß ist wie die größte Entfernung zwischen den beteiligten Teleskopen.

Beteiligte Teleskope und ihre Standorte

Hier eine Liste einiger der beteiligten Teleskope und ihrer globalen Standorte:

  • ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array): Atacama-Wüste, Chile
  • APEX (Atacama Pathfinder EXperiment): Atacama-Wüste, Chile
  • IRAM 30-Meter-Teleskop: Sierra Nevada, Spanien
  • James Clerk Maxwell Telescope (JCMT): Mauna Kea, Hawaii, USA
  • Large Millimeter Telescope (LMT): Volcán Sierra Negra, Mexiko
  • Submillimeter Array (SMA): Mauna Kea, Hawaii, USA
  • Submillimeter Telescope (SMT): Mount Graham, Arizona, USA
  • South Pole Telescope (SPT): Amundsen-Scott South Pole Station, Antarktis

Diese Teleskope sind über den gesamten Globus verteilt, von der Südpolregion bis zu den hohen Wüsten in Südamerika und Berggipfeln in Nordamerika und Europa. Ihre kombinierte Beobachtungskraft ermöglichte die einzigartige Beobachtung des Schattenbereichs eines schwarzen Lochs.

Das Bild des schwarzen Lochs

NASA space telescopes have previously studied a jet extending more than 1,000 light-years away from the center of M87.

Präsentation und Merkmale des Bildes

Das vom EHT präsentierte Bild zeigte einen leuchtenden Ring, der einen dunklen zentralen Bereich umgibt, welcher das Schattengebiet des schwarzen Lochs darstellt. Dieser Ring, oft als „Photonenring“ bezeichnet, besteht aus Licht, das um das schwarze Loch gebogen und zu uns zurückgeworfen wird. Das Dunkle in der Mitte ist kein tatsächlicher physischer Rand des schwarzen Lochs, sondern ein Bereich, aus dem kein Licht entkommen kann – der sogenannte Ereignishorizont.

Was das Bild enthüllt

Das EHT-Bild des schwarzen Lochs war ein monumentaler Schritt in der Astrophysik aus mehreren Gründen:

  1. Bestätigung der Theorie: Es diente als empirischer Beleg für die Vorhersagen der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Die beobachtete Struktur und Größe des Schattenbereichs stimmten weitgehend mit den Vorhersagen der Relativitätstheorie überein.
  2. Einblick in schwarze Löcher: Obwohl schwarze Löcher seit Jahrzehnten ein zentrales Thema in der Astrophysik sind, bot dieses Bild einen nie zuvor gesehenen Einblick in deren Natur. Es half, unser Verständnis darüber zu vertiefen, wie Materie in die Nähe eines solchen gigantischen Objekts gezogen wird und wie sie in den Ereignishorizont stürzt.

Bedeutung der globalen Zusammenarbeit

Die Erstellung dieses Bildes war nicht nur ein technisches Kunststück, sondern auch ein erstaunliches Beispiel für internationale Zusammenarbeit. Observatorien auf verschiedenen Kontinenten mussten nicht nur ihre Beobachtungen koordinieren, sondern auch riesige Mengen an Daten austauschen. Die globale Anstrengung war notwendig, um ein „Teleskop“ von der Größe der Erde zu simulieren, was die nötige Auflösung für dieses Bild lieferte.

Ohne die beispiellose Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Observatorien, Wissenschaftlern und Ingenieuren aus der ganzen Welt hätte dieses Bild nicht erstellt werden können. Es dient als Erinnerung daran, wie gemeinsame Ziele und kooperative Anstrengungen die Grenzen des menschlichen Wissens und Verständnisses erweitern können.

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