Metaverse: Trendwende oder Hype? Oder sind wir immernoch auf Zoom?

Mark Zuckerbergs Vision einer Milliarde Menschen im Metaverse bis 2030 klingt ambitioniert. Bill Gates prophezeite gar den baldigen Abschied von Videokonferenzen mit kastenförmigen Teilnehmern zugunsten virtueller 3D-Räume mit Avataren.

Metaverse: Trendwende oder Hype?

Doch die Realität sieht anders aus. Zwar erkennen neun von zehn Unternehmen Einsatzmöglichkeiten für erweiterte Realität (Extended Reality), aber nur jedes fünfte investiert laut einer Studie von Omdia.

Das läutet aber nicht das Ende der Metaverse-Vision ein. Vielmehr suchen Unternehmen nach sinnvollen Anwendungen. Experten betonen zudem die Notwendigkeit, das Metaverse an die Bedürfnisse der Mitarbeiter anzupassen. Derzeit ist es kein einheitlicher Raum, sondern auf verschiedene Plattformen verteilt. Zudem muss die Technologie benutzerfreundlicher werden.

Anand van Zelderen, Forscher für Organisationsverhalten und VR an der Universität Zürich, fordert eine menschenzentrierte Entwicklung. Es gilt herauszufinden, wie sich Mitarbeiter im Metaverse fühlen und Einsamkeit zu bekämpfen. Die derzeitige Technologie „reißt die Menschen zu sehr aus ihrer Realität“, so van Zelderen.

Forscher für Organisationsverhalten und VR

Stattdessen müsse das Metaverse „unsere Realität erweitern, nicht ersetzen“. Virtuelle Meetings auf Berggipfeln oder dem Mars sowie individuell gestaltbare Arbeitswelten wären denkbar. „Wir haben die Chance zu sein, wer wir sein wollen, zu arbeiten, wo wir wollen und uns so zu treffen, wie wir es wollen“, sagt van Zelderen.

Unternehmen werden virtuelle Räume voraussichtlich selektiv nutzen. „Es macht keinen Sinn, neue Technologien für etwas einzusetzen, was mit Videokonferenzen perfekt funktioniert“, sagt Rolf Illenberger, Gründer von VRdirect (VR-Software für Unternehmen).

Hinzu kommt die Skepsis gegenüber VR-Brillen mit ihrer ungewohnten Handhabung und steilen Lernkurve. Selbst von Apples neuen High-Tech-Brillen werden in den USA dieses Jahr keine 500.000 Stück erwartet.

„VR ist in den letzten zehn Jahren nicht so durchgestartet, wie man es sich erhofft hatte“, sagt J. P. Gownder vom Marktforschungsunternehmen Forrester. „Es gab viele Fehlschläge und unrealistische Erwartungen.“ Elegantere Hardware im Brillenformat könnte die Akzeptanz erhöhen.

Dennoch nutzen Unternehmen VR bereits erfolgreich für Sicherheitstrainings und in Bereichen wie Entwicklung und Fertigung. UPS schulte Fahrer, Fidelity neue Mitarbeiter und Walmart trainierte Filialmitarbeiter mithilfe von VR.

Für manche Anwender ist der Mehrwert des Metaverse schon jetzt spürbar. Die Anwältin Madaline Zannes aus Toronto unterhält im virtuellen „Somnium Space“ eine Kanzlei mit fünf Stockwerken. Sie sieht darin nicht nur ein gutes Netzwerk- und Marketinginstrument, sondern schätzt auch die emotionalere Verbindung dank der immersiven Natur der Plattform.

Die Rückkehr von Geschäftsreisen nach der Pandemie und der Hype um KI-Systeme wie ChatGPT haben die Entwicklung des Metaverse verlangsamt. Ein weiterer wirtschaftlicher Schock könnte laut Gownder jedoch zu schnelleren Investitionen und Fortschritten führen.

Während Web 2.0 zu einem Desinformations- und Datenschutzproblem geworden ist, besteht die Chance, das Metaverse davor zu bewahren. Wie meine Kollegin Megan Farokhmanesh schreibt, muss die Entwicklung aber die Bedürfnisse der Nutzer berücksichtigen. Ansonsten droht die Rückkehr ins Büro oder das Festhalten am „Hollywood Squares“-Modell der Videokonferenzen.

https://www.wired.com/story/metaverse-virtual-reality-office-work-slow-growth/